Hobby Hühnerbeobachtung
Aktualisiert: 11. Juli 2022
Der Wunsch viele Tiere zu haben, begleitet mich schon seit meiner Kindheit. Jetzt auf dem Land rückt er wieder in greifbare Nähe. Das naheliegendste wären wohl Hühner. Da uns unser Nachbar kostenlos mit ausreichend Eiern versorgt, wurde dieses Projekt noch nicht umgesetzt. Die Motivation Tiere zu haben, ist für mich auch eher die Beobachtung. Wir haben einen Hund, allerdings ist es für mich so interessant, mehrere Vertreter einer Gattung im Sozialleben zu beobachten. Einen Bienenstock haben wir auch und so spannend das Sozialleben von Bienen auch ist, so schwierig ist es, sie innerhalb des Stocks zu beobachten. Bei meinen ersten Versuchen mit Permakultur bin ich auch darauf gekommen, dass es für einen geschlossenen Wirtschaftskreislauf zwingend Tiere braucht. Irgendwann kommen sicherlich weitere Tiere dazu und solange es noch nicht so weit ist, bin ich dankbar, wenn Menschen wie Robert Brungert, die sich mit Hühnern beschäftigt haben, ihr Wissen gerne weitergeben. Der folgende Text inklusive Bilder wurden freundlicherweise von Robert beigetragen:
Hackordnung im Sozialleben der Hühner
Hühner sind vielen wegen ihrer Hackordnung ein Begriff: Das stärkere Huhn kann das schwächere hacken, welches deswegen bereits ausweicht, wenn die dicke Henne ankommt. Das hört sich brutal an, dabei sind Hühner insgesamt sehr soziale Tiere, die nicht allein leben wollen.
Wird die Hackordnung der Hühner thematisiert, vergessen die meisten, dass es im Tierreich häufig vorkommt, dass in einem Tierverbund eine Rangordnung erstritten wird. Dieses führt bei Wölfen so weit, dass nur die Alpha-Wölfinnen für Nachwuchs sorgen. Bei verschiedenen Affenarten geht es wohl eher um den besseren Zugang zum Futter, wenn andere weichen müssen. Selbst Kaninchen kämpfen um ihren Rang und damit um die besten Stellen oder Partner.
Andere Tiere bilden in der Brunft eine Rangordnung und gehen wieder ihre Wege. Je nach Tierart wird das Kräfteverhältnis ermittelt oder erbittert erkämpft. Doch meistens zieht der Schwächere unverletzt ab.
Dennoch bleiben Hühner mit ihrer Hackordnung wohl der Inbegriff für dieses Phänomen. Und zugegeben, Hühner, oder eher die Hähne sind brutale Kämpfer. Haben sie keinen Platz und nur wenige Hennen, kämpfen sie häufig bis zum Tod. In freier Natur käme das aber wohl nur selten vor, da die Unterlegenen das Weite suchen.

Weswegen sind Hühner soziale Tiere?
Selbst diese „grausame“ Hackordnung unter den Hennen ist in gewisser Weise ein soziales Verhalten. Anstelle dessen, dass die Hühner jedes Mal wieder um Futter, ein Nest oder eine bessere Schlafposition kämpfen, wird einmalig der Rang erkämpft. Von nun an weichen die schwächeren Hühner aus und begünstigen damit die stärkeren, die deswegen mehr Nachwuchs durchbekommen. Genau das ist wieder gut für die genetische Gesundheit der Hühner.
Das Hühnerleben ist eigentlich sogar harmonisch, wenn es genug Platz und Futter gibt. Hühner verfügen über eine eigene Sprache. Unsere Haushühner haben vermutlich deutlich mehr Ruflaute, als ihre Vorläufer, die wildlebenden Bankivahühner.
Bereits 24 Stunden, bevor das Küken schlüpft, beginnt die Kommunikation mit einem langgezogenen Fiepsen. Die Glucke antwortet mit ruhigen Tönen. Sind die Küken ausgeschlüpft, haben sie wiederum ihre Laute, die für „alles ok“ oder „ich bin verloren“ stehen. Die Henne antwortet der Situation entsprechend und gibt eigentlich ständig leises Glucksen von sich, um die Küken bei sich zu behalten.
Ähnlich machen es Hähne, die stetig leise Laute ausstoßen und damit die Hennen bei sich halten. Ist doch eine auf einmal allein, gibt sie einen Ruflaut ab, worauf der Hahn antwortet oder sogar angeschnellt kommt. Das kommt vermutlich auch darauf an, ob die Henne fragt „wo seid ihr“ oder ruft „ich bin in Gefahr“.
Der Hahn ist immerhin auch für die Gefahrenabwehr zuständig und hat deswegen unterschiedliche Warnrufe für Raubvögel oder Bodenangreifer. Nicht nur das, Hähne zeigen ihren Hennen Futterstellen, um sich beliebter zu machen. Hähne müssen also vor Feinden warnen, das Futter zeigen und einfach immer präsent sein. Hennen müssen hingegen viel Futter finden oder sie bewachen die Küken und verteidigen diese dann selbst gegen Hähne.

Hahn und Henne
Ein vitaler Hahn tritt jede seiner Hennen täglich, damit diese befruchtete Eier legt. Das Eierlegen geschieht meist am Vormittag. Erfolgreiche Hennen gackern erregt, der Hahn kommt dann sofort und tritt die Henne erneut.
Ein Hahn muss also für jede Henne da sein, damit diese sich gut versorgt fühlen. Außerdem will er präsent sein, damit seine Hennen nicht einem anderen Gockel nachrennen. Demnach gilt das klassische Krähen der Hähne weniger den Hennen, sondern soll als Imponiergehabe andere Hähne abschrecken.
Hühnerhalter werden bestätigen, dass ihre Hühner mit Hahn glücklicher als ohne sind. Selbst in Legebetrieben gibt es häufig auf 20 Hennen einen Hahn, weil das Ruhe in die Gruppe bringt.

Harmonie in der Hühnergruppe
Schwächere Hennen weichen den stärkeren aus und die Küken, Hennen und Hähne haben ihre Ruflaute, um immer in Kontakt zu bleiben. Ob es eine Glucke mit Küken oder ein Hahn mit Hennen ist: Stetiges Glucksen sagt „hier bin ich“ und alle anderen bleiben in der Nähe oder rufen laut nach der richtigen Richtung.
Auch wenn Hühner sich nicht immer leiden können, lieben sie den Gruppenverbund, der ihnen Orientierung und Sicherheit gibt. Wenn Hühner sich ohne Hahn bereits unwohler fühlen, so wäre ein Huhn für sich allein sehr unglücklich.

Zickige Hühner
In der Hühnerschar ist nicht immer alles harmonisch, es gibt sogar gehässige Antisympathie. Hühnerhalter beobachten, dass ihre Hühner regelrechte Schadenfreude ausleben und hämisch oder spöttisch gackern, wenn ein anderes Huhn Pech hat. Auch ein Hahn wird den unterlegenen Angreifer verspotten und dadurch seine Stärke unterstreichen.
Dieses hämische Verhalten wird aber nicht von jedem Huhn in gleicher Weise ausgelebt. Einige sind zickiger als die anderen oder haben ihre kleinen Fehden.
Es gibt also regelrecht streitlustige Hennen. Wenn die Hühner einander bereits die Federn auspicken, liegt dieses eher an einer Mangelernährung, zu grelles Licht oder knappen Raum. Die unterlegene Henne muss zwar auch auf der großen Hühnerwiese mal ein Federchen lassen, nackt rumlaufen tut sie aber nur zur Mauser und ansonsten bei Haltungsfehlern.

Auch ein blindes Huhn findet mal einen Besitzer.